«Ich will meinen Beitrag leisten»

Prüfungsexpertinnen und -experten

«Ich will meinen Beitrag leisten»

14. März 2025 agvs-upsa.ch – Prüfungsexpertinnen und -experten sind so entscheidend für die berufliche Zukunft wie Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter im Sport. Ohne sie und ihre mit viel Verantwortung vorgenommene Arbeit geht es nicht. Und doch können sich in der Autobranche und im Sport immer weniger Menschen für diese Aufgabe begeistern. Wieso eigentlich? Jürg A. Stettler


Für Beat Schlüchter, Geschäfts- und Verkaufsleiter bei der Merbag, sind seine Einsätze als Prüfungsexperte eine Win-Win-Situation. Foto: Merbag


Sicher nicht wegen zu wenig Arbeit bei der Merbag, wo Beat Schlüchter als Ge­schäfts- und Verkaufsleiter der Nutzfahrzeug- Zentren in Bern, Bümpliz BE, Aegerten BE, Uetendorf BE und Granges-Paccot FR enga­giert ist, hat sich der grossgewachsene Berner dafür entschieden, auch als Prüfungsexperte für den AGVS tätig zu sein. «Ein bisschen Nervosität vor einer Prüfung schadet nie. Bei zu viel Selbstsicherheit kann das Resultat auch negativ rauskommen», meint er zur Be­grüssung vielsagend. Vom nervösen Prüfling ist er längst zum erfahrenen Prüfungsexper­ten geworden. Was war sein Antrieb dazu? «An zu wenig Arbeit liegt es nicht», lacht Beat Schlüchter. «Aber ich bin ja aus gutem Grund einst in die Mobilitätsbranche eingestiegen; diese Freude an der Materie, die begeistert mich immer noch.» Er ergänzt: «Wir wollen selbst guten Berufsnachwuchs. Als Arbeit­geber ist es mir wichtig, dass man nicht nur nimmt, sondern auch etwas zurückgibt. Mit meiner Tätigkeit als Experte trage ich meinen Teil dazu bei – tue etwas für unsere Branche, unser Berufsbild und auch den Berufsstolz.» Klingt einleuchtend, trotzdem ist es heute längst nicht mehr selbstverständlich.

Der Branche etwas zurückgeben
Der gelernte Lastwagenmechaniker, der ver­schiedene Ausbildungs- und Karrierestufen durchlief, vom Werkstatt- zum Betriebsleiter wurde und als District Service Manager für VW Nutzfahrzeuge unterwegs war, erinnert sich: «Bei der Amag Thun hatte ich einst Kon­takt mit Peter Linder. Er bot mir auf seine Pension hin die Nachfolge und das Amt als Prüfungsexperte an. Das Jobangebot habe ich dankend ausgeschlagen, weil ich gerade selbst einen Wechsel vollzog, aber das ‹Ämtli› als Ex­perte habe ich gerne übernommen.» Der Ber­ner hat es bis heute nicht bereut und ist mit Peter Linder, der Ende 2023 das Präsidium der Prüfungskommission-Automobil-Servicebera­ter:in (PK-ASB) an Daniel Rindlisbacher über­gab, weiterhin freundschaftlich verbunden. Für Beat Schlüchter ist genau dieses Netzwerk ebenfalls ein wichtiger Aspekt seiner Tätigkeit als Prüfungsexperte.

Eine Win-Win-Situation
«Für mich sind Prüfungen ein Innehalten im hektischen Alltag. Da ist Theorie gefragt – auch für mich als Prüfungsexperte eine Ge­legenheit zum Reflektieren», erläutert der Service-Profi. «Es ist eine Win-Win-Situation. Man tut etwas für diejenigen, welche die Prü­fungen ablegen und hat gleichzeitig selbst etwas davon, indem man Materie und Kon­takte auf dem neusten Stand hält.» Dass der AGVS trotz dieser bereichernden Impulse für den Alltag betreffend Nachwuchs für Exper­tinnen und Experten nicht auf Rosen gebettet ist, sieht Beat Schlüchter nicht etwa als Prob­lem des Autogewerbes, sondern: «Das ist eine gesellschaftliche Entwicklung. Auch in vielen Vereinen gibt es ein ähnliches Phänomen, da reissen sich die Leute auch nicht um ‹Ämtli›. Mit unserem Team für die schriftlichen Prü­fungen sind wir glücklicherweise gut aufge­stellt.»


Für den Service-Profi ist klar: «Als Prüfungsexperte muss man bereit sein, einen gewissen Einsatz und Aufwand zu erbringen.» Foto: AGVS-Medien

Auch Praxiserfahrung wichtig
Er erachtet es als wichtig, das Gespräch mit den Jungen zu suchen. In der Westschweiz zeige dies Wirkung; dort habe es in den letz­ten Jahren viele Prüfungsabgängerinnen und -abgänger gegeben, die sich später als Ex­pertinnen und Experten engagierten. «Das stimmt doch positiv», so Beat Schlüchter. Eine gewisse Praxiserfahrung bleibe jedoch unabdingbar, schliesslich könne man nicht etwas prüfen, was man kaum kenne. «In einer schwierigen Situation muss man einem Kun­den in die Augen sehen, deeskalierend wirken und eine Lösung suchen. So etwas muss man im Alltag schon erlebt haben.» Nur Theorie allein reiche bei allem Expertenwissen nicht aus, zieht der Merbag-Geschäftsleiter Bilanz. «Als Experte habe ich zudem sehr viel durch Prüfungen selbst und Diskussionen mit Kol­legen gelernt.»

Aufwand variiert, zahlt sich aber aus
Der Aufwand der Tätigkeit als Prüfungsex­perte variiere stark, je nach Art des Einsat­zes. Für schriftliche Prüfungen seien es etwa zehn Stunden Vorbereitung, die Prüfungs­tage selbst und dann natürlich die seriöse Korrekturarbeit nötig. Dies bedeutet für Beat Schlüchter als Leiter der schriftlichen Prüfun­gen für die Automobil-Serviceberater und -be­raterinnen, jedoch ungleich weniger Aufwand als für Experten-Kollegen, die Rollenspiele vorbereiten und durchführen müssten. «Als Prüfungsexperte muss man bereit sein, einen gewissen Einsatz und Aufwand zu erbringen, der sich am Schluss jedoch stets für beide Sei­ten ausbezahlt», bringt er es auf den Punkt.

Nur schon das Erstellen der Prüfungsbögen sei zudem ein Teil der Prüfungsvorbereitung. «Meist tauschen wir Experten uns bei einem gemeinsamen Mittagessen im Frühling ein erstes Mal aus, legen die Prüfungsbereiche grob fest. Das Ganze soll ja koordiniert, trotz­dem abwechslungsreich und für Absolventin­nen und Absolventen zudem anforderungs­reich sein.» Wichtig seien dabei zwar die Prüfung und deren Ablauf, aber auch der kol­legiale Austausch unter den Experten, was stets wieder Impulse für die eigene Arbeit lie­fere. Vom AGVS erhalte man jeweils die Prü­fungswegleitung, welche die wichtige Grund­lage bezüglich des behandelten Stoffs liefere. «Unsere Prüfungen werden auch vom AGVS geprüft und verifiziert», erklärt der Nutz­fahrzeug-Spezialist. Dank Expertinnen und Experten aus dem Bildungsbereich erhalte man zudem selbst als Neuling gute Infos zu Bewertungsrastern, damit das Bewerten und Benoten einfacher falle. «Im Fall eines Rekur­ses kann man so sattelfest argumentieren», erklärt Beat Schlüchter. Diese Nachvollzieh­barkeit sei wichtig, doch auch hier würden er­fahrene Experten die jüngeren unterstützten. «Ein Expertenamt ist schlicht ein guter Weg, um persönlich und in der Branche zu wach­sen. Als Prüfungsexperte ist man jedes Jahr aufs Neue gefordert und bleibt so am Puls der Zeit», fasst Beat Schlüchter die Vorteile seiner Tätigkeit prägnant zusammen.
 
Prüfungsexpertin oder -experte werden
Wollen auch Sie sich für den Berufsnachwuchs in unserer Branche engagieren? Von einem wertvollen Netzwerk und spannenden Impulsen für den Alltag profitieren? Wie Beat Schlüchter unser Berufsbild und den Berufsstolz einer neuen Generation weitergeben? Dann melden Sie sich doch beim AGVS! Das Autogewerbe ist auf engagierte Prüfungsexpertinnen oder -experten angewiesen. Kontakt: Arnold Schöpfer arnold.schoepfer@agvs-upsa.ch für Automobil-Diagnostiker und Werkstatt-Koordinatoren; Christoph Künzi christoph.kuenzi@agvs-upsa.ch für Automobil-Serviceberater, Automobil-Verkaufsberater, Fahrzeug-Restauratoren und Betriebswirte.
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