14. November 2024 agvs-upsa.ch – Anfangs war der Nutzfahrzeug-Profi Dominique Kolly, Geschäftsführer der Kolly Management AG und Vizepräsident des AGVS, skeptisch gegenüber Berufsmeisterschaften wie den SwissSkills. Doch die Teilnahme seines Mitarbeiters Jean Trotti änderte Kollys Sichtweise. Ilir Pinto


Dominique Kolly, Jean Trotti und sein damaliger Ausbilder Marc Jungo nach den SwissSkills 2014 (von links nach rechts). Foto: zvg
 
Gold und Silber für die Schweiz an den letzten WorldSkills haben es wieder einmal deutlich gezeigt: Die Teilnahme an Berufsmeisterschaften wie den nationalen SwissSkills oder den internationalen WorldSkills ist für junge Berufsleute eine besondere Gelegenheit, ihre beruflichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und ihrer Karriere einen Schub zu verleihen. Doch manchmal fragen sich Garagistinnen und Garagisten: Was hat der Arbeitgeber davon? Der Nutzfahrzeug-Profi Dominique Kolly, Geschäftsführer und Inhaber der Kolly Management AG und Mitglied des AGVS-Zentralvorstands sowie seit kurzem Vizepräsident des AGVS, freut sich heute, dass sein Mitarbeiter Jean Trotti 2014 an den SwissSkills und 2015 an den WorldSkills teilgenommen hat – auch wenn er anfangs Vorbehalte gegenüber solchen Wettbewerben hatte.

Noch während seiner Lehre als AutomobilMechatroniker, Fachrichtung Nutzfahrzeuge, wurde Jean Trotti in einem überbetrieblichen Kurs motiviert, sich für die SwissSkills anzumelden. «Da Jean von Anfang an aussergewöhnliche Fähigkeiten gezeigt hat, habe ich ihn unterstützt», erklärt Dominique Kolly. So erhielt Trotti die zeitliche Freiheit, die er brauchte, um sich optimal vorzubereiten. Kolly stand den SwissSkills zwar skeptisch gegenüber, war aber nicht per se dagegen. «Ein Wettbewerb für Berufe erschien mir unnötig – warum sollte man technische Fähigkeiten messen?» Diese Meinung änderte sich im Laufe der Zeit.

Vorteile für das Unternehmen 
Laut Kolly war die Teilnahme von Jean Trotti an den SwissSkills für das Unternehmen von Vorteil. «Das hat die Ausbildungsdynamik innerhalb des Unternehmens deutlich erhöht. Intern haben viele Jean unterstützt, und der Austausch mit anderen Ausbildungszentren und Experten hat dem Unternehmen wertvolle Erkenntnisse gebracht», so Kolly. Und das, obwohl Trotti in der Kategorie Personenwagen antrat, denn damals waren Nutzfahrzeuge noch nicht an den SwissSkills (und auch nicht an den WorldSkills) vertreten. 

Ausserdem habe sein Zögling mit seinem Sieg bei den SwissSkills dazu beigetragen, den Ruf des Unternehmens weiter zu steigern, sagt Kolly. Seit 1979 waren im Unternehmen mehr als 100 Auszubildende tätig. Der ehemalige Lehrling Jean Trotti ist nun Automobil-Diagnostiker und für die Lehrlingsausbildung sowie die Weiterbildung am Standort Aigle VD verantwortlich. Die Kolly-Gruppe ist hauptsächlich im Verkauf und Kundendienst von Nutzfahrzeugen, insbesondere von Scania und Iveco, tätig. Das Unternehmen hat etwa 110 Mitarbeiter an zwei Standorten, von denen etwa zehn noch in der Lehre sind.

Trottis Teilnahme an den WorldSkills 2015 in Brasilien, wo er unter 41 Nationen den neunten Platz belegte, war ein weiterer Höhepunkt seiner Karriere. Die berufliche und persönliche Entwicklung, die Trotti durch die Teilnahme an nationalen und internationalen Wettbewerben erfahren habe, dürfe nicht unterschätzt werden, betont Kolly. «Sein Selbstvertrauen und seine Kommunikations fähigkeit haben sich deutlich verbessert. Er hat gelernt, unter hohem Druck Spitzenleistungen zu erbringen und ist heute ein Vorbild für seine Auszubildenden.» 


Als Experte der Kandidaten ist Jean Trotti (links) ein Medaillengarant: Damian Schmid gewann Gold an den EuroSkills 2021 in Graz (A), Fabio Bossart letztes Jahr Silber an den EuroSkills in Danzig (PL), und nun führte er Sophie Schumacher (rechts) zum Weltmeistertitel. Foto: SwissSkills

Herausforderungen durch Absenzen 
Das Engagement von Jean Trotti – im September gerade erst auch als Coach von Gold Gewinnerin Sophie Schumacher bei den WorldSkills aktiv – stellt den Betrieb auch vor Herausforderungen. Jean Trotti ist einer der besten Mitarbeiter in Kollys Unternehmen; seine Abwesenheit bedeutet, dass intern ein Ersatz gefunden werden muss. Darüber hinaus ist Trotti nicht der einzige Mitarbeiter, auf den sein Arbeitgeber manchmal verzichten muss: Automobil-Diagnostiker mit eidgenössischem Fachausweis werden häufig als Experten für Lehrprüfungen und höhere Prüfungen eingesetzt.

Um sowohl den Betrieb des Unternehmens als auch die Teilnahme an Wettbewerben wie den SwissSkills aufrechtzuerhalten, entschied sich die Kolly Management AG für einen flexiblen Ansatz: Das Unternehmensreglement sieht vor, dass Abwesenheiten erlaubt sind und zum Teil vom Unternehmen bezahlt werden. Kolly bezeichnet sich selbst als «grossen Fan des dualen Bildungssystems» und würde heute jedem Mitarbeiter oder jeder Mitarbeiterin, der oder die sein Interesse an einer Teil nahme an den SwissSkills bekundet, seine volle Unterstützung zusichern. «Ich würde auch problemlos junge Leute motivieren, aber nicht alle wollen oder können das – es ist ein sehr grosses Engagement. Und nicht jeder ist dafür geeignet; der Druck ist hoch und nicht jeder fühlt sich wohl. Wenn wir jemanden haben, der alle Fähigkeiten hat, bringen wir ihn dazu, es zu tun und ermutigen ihn», erklärt Kolly. 

Die Bedeutung von SwissSkills für die Branche 
Auf die Frage, welche Voraussetzungen die Mitarbeitenden erfüllen müssen, um an den SwissSkills teilzunehmen, nennt Dominique Kolly neben den technischen Fähigkeiten, die herausstechen müssen, auch Charaktereigenschaften. «Ein Wettkämpfer sein, ruhig bleiben und sich konzentrieren können – all das ist unerlässlich». In Kollys Betrieb hat die Teilnahme von Jean Trotti an den SwissSkills und WorldSkills gezeigt, wie vorteilhaft solche Wettbewerbe sind – sowohl für die persönliche Entwicklung der Berufsleute als auch für das Unternehmen selbst. Die Förderung junger Talente stärkt auch den Ruf. Dominique Kolly erkannte, dass die Teilnahme an Berufsmeisterschaften auch frisches Know-how in das Unternehmen bringt und das gesamte Team inspiriert. Aus Sicht der Ausbildung handelt es sich um eine Win-Win-Situation: Die Teilnahme schafft eine nachhaltige Basis für zukünftige Erfolge, stärkt die Position des Unternehmens in der Branche und bereichert die Teilnehmer und ihre Unterstützer um eine Erfahrung, die ihnen ein Leben lang in Erinnerung bleiben wird.