FIGAS-Experte zum Verrechnungslohn
«Seien Sie mutig mit Erhöhungen»
23. März 2025 agvs-upsa.ch – Der Verrechnungslohn ist ein schwieriges Pflaster: Viele Garagen scheuen eine Erhöhung aus Angst, Kundschaft abzuschrecken. Weshalb das unberechtigt ist und wieso ein angemessener Verrechnungslohn heute wichtiger ist denn je, erläutert der FIGAS-Experte. Timothy Pfannkuchen

Bei Erhöhung gegenüber Kundinnen und Kunden weniger schwer zu vermitteln als oft angenommen: Der Verrechnungslohn ist eine wichtige Stellschraube, um kostendeckend gute Arbeit zu leisten. Foto: iStock
Herr Kohli, was ist der Verrechnungslohn und wieso ist er als Stellschraube heute so wichtig?
Andreas Kohli, Leiter Treuhand und Mitglied der Geschäftsleitung der FIGAS Autogewerbe-Treuhand der Schweiz AG: Der Verrechnungslohn ist der Betrag, den eine Garage ihren Kundinnen und Kunden für eine Arbeitsstunde in Rechnung stellt – exklusive Mehrwertsteuer. Er soll alle direkten und indirekten Kosten decken und zudem die Erzielung eines angemessenen Gewinns ermöglichen. Für die Mehrheit der Markenhändler ist der Neuwagenhandel bei einer Vollkostenrechnung heute ein Verlustgeschäft – siehe unser Bericht zum Agenturmodell von Ende Januar auf figas.ch. Umso wichtiger ist es, dass die Werkstatt erfolgreich betrieben wird. Die Herausforderungen nehmen stetig zu: Der Fachkräftemangel treibt die Lohnspirale nach oben, aufgrund der Elektromobilität sinkt der Arbeitsaufwand pro Fahrzeug. Da der Aufwand im Kundendienst jedoch nicht kleiner wird, verschlechtert sich tendenziell das Verhältnis von produktiven zu unproduktiven Arbeitsstunden. Diese höheren Kosten müssen auf die Kundschaft überwälzt werden.
Können Sie uns verraten, wie hoch der Verrechnungslohn heute ist und wie hoch er sein sollte?
Der durchschnittliche Verrechnungslohn belief sich 2023 laut unserem Branchenspiegel auf 167.30 Franken, wobei das ein Mischsatz aus direkten Kunden-, aus Garantie- und internen Arbeiten ist. Der Verrechnungslohn gegenüber Kunden dürfte 2023 geschätzt bei rund 175 Franken gelegen haben. Die Kennzahlen für den Branchenspiegel 2025 sind noch in Arbeit, aber der Verrechnungslohn 2024 gegenüber Kunden wird voraussichtlich die 180 Franken überschritten haben. Die Verrechnungslöhne sind also in den letzten zwei Jahren deutlich stärker gestiegen als zuvor. Die angemessene Höhe ist jedoch stark abhängig von Region und vertretener Marke. Besonders in grösseren Städten liegen die Verrechnungslöhne bei Premiummarken üblicherweise markant über dem Durchschnitt, während vorwiegend in ländlichen Gegenden noch recht bescheidene Sätze anzutreffen sind. Wichtig ist, dass der Verrechnungslohn regelmässig mindestens im Verhältnis zur Kostenentwicklung angepasst wird.
Was sagen Sie mir, wenn ich Hemmungen vor der Erhöhung habe?
Dass bei einer Servicerechnung eine deutliche Erhöhung des Verrechnungslohnes im Verhältnis zum Rechnungsbetrag gar nicht so stark ins Gewicht fällt. Die Erfahrung zeigt, dass es selbst bei einer markanten Preiserhöhung kaum Reklamationen gibt. Solange Qualität wie Kundenbetreuung stimmen, akzeptieren Kundinnen und Kunden in aller Regel die höheren Preise, weil sie wissen, dass alles teurer wird. Natürlich gibt es vereinzelt Kritik. Dann sollten Sie sachlich argumentieren – und sich durchsetzen. Zeigt der Kunde gar kein Verständnis, muss überlegt werden, ob eine Weiterführung der Geschäftsbeziehung sinnvoll ist.
Und wenn ein sehr kritischer Kunde auf tiefere Verrechnungslöhne anderer Betriebe verweist?
Kommt dieser Hinweis, stellt sich die Frage, ob diese Garagen in derselben Gegend liegen und wirklich vergleichbare Leistungen erbringen. Eine Markenvertretung zum Beispiel hat aufgrund der Vorgaben der Importeure höhere Kosten. Zudem wird ein Kunde, der sonst zufrieden ist, kaum eine längere Anfahrt in Kauf nehmen, um ein paar Franken einzusparen. Optional kann man treuen Kundinnen und Kunden mit älteren Fahrzeugen bei arbeitsintensiven Leistungen ja noch mit einem Rabatt entgegenkommen.
Sie arbeiten seit 27 Jahren mit Garagistinnen und Garagisten. Was sagt Ihre Erfahrung: Soll ich der Kundschaft eine Erhöhung kommunizieren?
Ich würde dies nicht kommunizieren. Viele Kundinnen und Kunden nehmen die Erhöhung nicht wahr. Sie darauf aufmerksam zu machen, verursacht unnötige Diskussionen. Zudem ist es normal oder sollte es zumindest sein, dass der Verrechnungslohn jährlich steigt, wie das auch bei allen Konsumgütern oder Dienstleistungen üblich ist.
Sollte ich Dienstleistungen wie das Autowaschen verrechnen?
Dies hängt davon ab, was im Servicepaket inkludiert ist. Aber Garagen reinigen immer öfter umfassend, was entsprechend mehr kostet. Die Kundinnen und Kunden schätzen es meist, wenn sie den Umfang der Leistungen wählen können – und bezahlen auch gerne mehr, sofern sie vorgängig informiert werden.
Was antworten Sie mir auf die Frage, wie stark ich den Verrechnungslohn erhöhen soll?
Ich werde da praktisch immer dieselbe Antwort geben: Seien Sie einfach mutig mit Erhöhungen! Viele Garagen machen die Erfahrung, dass markante Erhöhungen erstaunlich problemlos durchsetzbar sind.

Bei Erhöhung gegenüber Kundinnen und Kunden weniger schwer zu vermitteln als oft angenommen: Der Verrechnungslohn ist eine wichtige Stellschraube, um kostendeckend gute Arbeit zu leisten. Foto: iStock

Kennt die betriebswirtschaftliche Seite des Garagengewerbes aus dem FF: Andreas Kohli, Leiter Treuhand und Mitglied der Geschäftsleitung der FIGAS Autogewerbe-Treuhand der Schweiz AG. Foto: FIGAS
Herr Kohli, was ist der Verrechnungslohn und wieso ist er als Stellschraube heute so wichtig?
Andreas Kohli, Leiter Treuhand und Mitglied der Geschäftsleitung der FIGAS Autogewerbe-Treuhand der Schweiz AG: Der Verrechnungslohn ist der Betrag, den eine Garage ihren Kundinnen und Kunden für eine Arbeitsstunde in Rechnung stellt – exklusive Mehrwertsteuer. Er soll alle direkten und indirekten Kosten decken und zudem die Erzielung eines angemessenen Gewinns ermöglichen. Für die Mehrheit der Markenhändler ist der Neuwagenhandel bei einer Vollkostenrechnung heute ein Verlustgeschäft – siehe unser Bericht zum Agenturmodell von Ende Januar auf figas.ch. Umso wichtiger ist es, dass die Werkstatt erfolgreich betrieben wird. Die Herausforderungen nehmen stetig zu: Der Fachkräftemangel treibt die Lohnspirale nach oben, aufgrund der Elektromobilität sinkt der Arbeitsaufwand pro Fahrzeug. Da der Aufwand im Kundendienst jedoch nicht kleiner wird, verschlechtert sich tendenziell das Verhältnis von produktiven zu unproduktiven Arbeitsstunden. Diese höheren Kosten müssen auf die Kundschaft überwälzt werden.
Können Sie uns verraten, wie hoch der Verrechnungslohn heute ist und wie hoch er sein sollte?
Der durchschnittliche Verrechnungslohn belief sich 2023 laut unserem Branchenspiegel auf 167.30 Franken, wobei das ein Mischsatz aus direkten Kunden-, aus Garantie- und internen Arbeiten ist. Der Verrechnungslohn gegenüber Kunden dürfte 2023 geschätzt bei rund 175 Franken gelegen haben. Die Kennzahlen für den Branchenspiegel 2025 sind noch in Arbeit, aber der Verrechnungslohn 2024 gegenüber Kunden wird voraussichtlich die 180 Franken überschritten haben. Die Verrechnungslöhne sind also in den letzten zwei Jahren deutlich stärker gestiegen als zuvor. Die angemessene Höhe ist jedoch stark abhängig von Region und vertretener Marke. Besonders in grösseren Städten liegen die Verrechnungslöhne bei Premiummarken üblicherweise markant über dem Durchschnitt, während vorwiegend in ländlichen Gegenden noch recht bescheidene Sätze anzutreffen sind. Wichtig ist, dass der Verrechnungslohn regelmässig mindestens im Verhältnis zur Kostenentwicklung angepasst wird.
Was sagen Sie mir, wenn ich Hemmungen vor der Erhöhung habe?
Dass bei einer Servicerechnung eine deutliche Erhöhung des Verrechnungslohnes im Verhältnis zum Rechnungsbetrag gar nicht so stark ins Gewicht fällt. Die Erfahrung zeigt, dass es selbst bei einer markanten Preiserhöhung kaum Reklamationen gibt. Solange Qualität wie Kundenbetreuung stimmen, akzeptieren Kundinnen und Kunden in aller Regel die höheren Preise, weil sie wissen, dass alles teurer wird. Natürlich gibt es vereinzelt Kritik. Dann sollten Sie sachlich argumentieren – und sich durchsetzen. Zeigt der Kunde gar kein Verständnis, muss überlegt werden, ob eine Weiterführung der Geschäftsbeziehung sinnvoll ist.
Und wenn ein sehr kritischer Kunde auf tiefere Verrechnungslöhne anderer Betriebe verweist?
Kommt dieser Hinweis, stellt sich die Frage, ob diese Garagen in derselben Gegend liegen und wirklich vergleichbare Leistungen erbringen. Eine Markenvertretung zum Beispiel hat aufgrund der Vorgaben der Importeure höhere Kosten. Zudem wird ein Kunde, der sonst zufrieden ist, kaum eine längere Anfahrt in Kauf nehmen, um ein paar Franken einzusparen. Optional kann man treuen Kundinnen und Kunden mit älteren Fahrzeugen bei arbeitsintensiven Leistungen ja noch mit einem Rabatt entgegenkommen.
Sie arbeiten seit 27 Jahren mit Garagistinnen und Garagisten. Was sagt Ihre Erfahrung: Soll ich der Kundschaft eine Erhöhung kommunizieren?
Ich würde dies nicht kommunizieren. Viele Kundinnen und Kunden nehmen die Erhöhung nicht wahr. Sie darauf aufmerksam zu machen, verursacht unnötige Diskussionen. Zudem ist es normal oder sollte es zumindest sein, dass der Verrechnungslohn jährlich steigt, wie das auch bei allen Konsumgütern oder Dienstleistungen üblich ist.
Sollte ich Dienstleistungen wie das Autowaschen verrechnen?
Dies hängt davon ab, was im Servicepaket inkludiert ist. Aber Garagen reinigen immer öfter umfassend, was entsprechend mehr kostet. Die Kundinnen und Kunden schätzen es meist, wenn sie den Umfang der Leistungen wählen können – und bezahlen auch gerne mehr, sofern sie vorgängig informiert werden.
Was antworten Sie mir auf die Frage, wie stark ich den Verrechnungslohn erhöhen soll?
Ich werde da praktisch immer dieselbe Antwort geben: Seien Sie einfach mutig mit Erhöhungen! Viele Garagen machen die Erfahrung, dass markante Erhöhungen erstaunlich problemlos durchsetzbar sind.
Der AGVS erstellt derzeit einen neuen Verrechnungslohnrechner. Wir stellen ihn voraussichtlich in der Juni-Ausgabe des AUTOINSIDE detailliert vor.
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